Veranstaltungen

Europäischer Waldabend 2024: Die Höhepunkte im Video

Am 29. Februar 2024 luden der Landeswaldverband und das Institut Français zum Europäischen Waldabend 2024 in Stuttgart ein. Die Abendveranstaltung brachte Waldakteurinnen und -akteure von beiden Seiten des Rheins zusammen. Im Mittelpunkt stand die Frage nach gemeinsamen Herausforderungen für die Wälder in Frankreich, Deutschland und Europa. Zudem wurde erörtert, ob eine gemeinsame europäische Waldpolitik sinnvoll wäre, wie diese aussehen könnte und welche Hürden es derzeit noch gibt.

Europäischer Waldabend 2024: Diskussionsbeiträge und Höhepunkte im Video

Gaël de Maisonneuve, französischer Generalkonsul in Stuttgart, begrüßte die Teilnehmenden. Durch die Veranstaltung führte Prof. Dr. Artur Petkau, stellvertretender Vorsitzender des Landeswaldverbands.

Anschließend folgten Vorträge von

  • EU-Politikerin Anna Deparnay-Grunenberg MdEP (Die Grünen / EFA)
  • Stephanie Rauscent, Leiterin der Agence de Haut-Rhin der ONF (Office National des Forêts) und
  • Stefan Schneider, Abteilungsleiter im Forstamt Oberelsass

sowie eine anschließende Podiumsdiskussion mit Beteiligung von Jerg Hilt, Geschäftsführer der Forstkammer Baden-Württemberg Waldbesitzerverband e.V. Durch zusätzliche Fragen aus dem Publikum kam außerdem ein reger Austausch zustande.

In unserem Video zeigen wir die Höhepunkte aus zwei Stunden Europäischer Waldabend 2024 in 16 Minuten:

YouTube

Video laden

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren

Die EU-Perspektive: Plädoyer für eine gemeinsame Waldpolitik

MdEP Anna Deparnay-Grunenberg berichtete in ihrem Vortrag von der Vielfalt der Wälder in ganz Europa. Diese erlebte sie auf Reisen nach Schweden, Rumänien oder Finnland jeweils direkt vor Ort. Deparnay-Grunenberg betonte dabei die Unterschiede in den lokalen Gesetzgebungen und die daraus resultierenden Gegebenheiten: „Jeder Nationalstaat definiert die Frage ‚Was ist überhaupt Wald?‘ anders – wir haben keine gemeinsame Definition. Aber wir haben große gemeinsame Herausforderungen im Wald.“

Deshalb plädiert Deparnay-Grunenberg für mehr gemeinsame Initiative auf EU-Ebene: „Wir brauchen in der EU mehr Kompetenzen, um alle Akteure an einen Tisch zu kriegen.“ Nur so könnte der gemeinsame Binnenmarkt geschützt und könnten gleichzeitig Wälder und Forstwirtschaft nachhaltig, kohärent und aktiv gestaltet werden.

Deutsch-französischer Vergleich: Multifunktionale Waldbewirtschaftung im Fokus

Stephanie Rauscent und Stefan Schneider gaben in ihrer Präsentation Einblicke in die französische Forstwirtschaft aus Sicht des ONF. Anders als ForstBW, die ausschließlich den Staatswald in Baden-Württemberg bewirtschaftet, kümmert sich die ONF um alle öffentlichen Wälder Frankreichs. Dazu zählen rund 17.000 Staats- und Kommunalwälder.

Im Vergleich der Länder wurden schon in der Zusammensetzung der Besitzverhältnisse große Unterschiede deutlich. Rauscent erklärte: „In Festland-Frankreich gibt es 75 % Privatwald und 25 % öffentlichen Wald. Das ist das Gegenteil von Deutschland. Schneider betonte die Bedeutung der Forstwirtschaft für Frankreichs Wälder der Zukunft: „Holz ist ein erneuerbarer Ökowertstoff, der in Frankreich einen großen Beitrag zur ökologischen und klimatischen Transformation leistet.“

Rauscent stellte in diesem Zusammengang die Säulen der multifunktionalen Bewirtschaftung vor: „Die Multifunktionalität – Produktion, Schutzfunktion, soziale Funktion – ist unser Ziel, immer.“ Schneider ergänzte: „Holznutzung ist natürlich nicht alles im Wald, es gibt sehr viel mehr Funktionen, die wir im Blick behalten.“ Er verwies dabei auf Zukunftsthemen wie Biodiversität, CO2-Speicherung und Bewahrung der Wasserressourcen. Letzteres ist für Frankreich insbesondere in den Dürresommern der letzten Jahre in den Fokus gerückt.

Diskussion: Mehr Kontrolle oder vertrauensvolle Zusammenarbeit?

Die anschließende Diskussionsrunde eröffnete Jerg Hilt, Geschäftsführer der Forstkammer Baden-Württemberg, mit einer weiteren Perspektive. Er betonte die enge Zusammenarbeit zwischen Forstverwaltung und Waldbesitzern in Deutschland: „Der Ansatz, den ich für richtig halte, ist mit den Waldbesitzenden zu arbeiten und nicht zu versuchen, sie zu kontrollieren.“

Anna Deparnay-Grunenberg hingegen führte die Konsequenzen von zu laschen Kontrollen an. „Bei über 20% der verkauften Holzmenge in Europa wissen wir nicht, wo sie herkommt“, mahnte die EU-Politikerin. „Diese werden illegal importiert oder illegal geschlagen – das ist ein Fünftel der Holzmenge.“

Stefan Schneider findet den europäischen Rahmen sinnvoll, die Umsetzung muss jedoch pragmatisch sein. Schon jetzt führe die Vielseitigkeit der Wälder Europas nicht zu einheitlichen Herangehensweisen: „Dieselbe europäische Regelung wird in Teilen der Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich ausgelegt.“ Stephanie Rauscent wies zum Abschluss am Beispiel Frankreichs auf personelle Herausforderungen hin – und hofft auf EU-Mittel zur Zukunftssicherung der Wälder.

Gemeinsame Ziele, lokale Umsetzung – eine Perspektive für die Zukunft?

Der Europäische Waldabend 2024 bot die Gelegenheit zu einem spannenden Austausch, der die vielfältigen Bedürfnisse unterschiedlicher Waldakteure aufzeigte. Die Perspektiven von EU-Politik bis Forstwirtschaft beleuchteten neue Ansätze für die Gesetzgebung und die Praxis der Forstleute in den jeweiligen Ländern.

Trotz unterschiedlicher Probleme in ganz Europa wurde deutlich, dass die Umsetzung einheitlicher Richtlinien schwierigist. Als mögliche Lösung kristallisierten sich gemeinsame Zielsetzungen auf EU-Ebene heraus, die Spielraum gemäß den jeweiligen nationalen Gegebenheiten lassen.

Der Landeswaldverband nimmt als Hausaufgabe mit, sich mit einer möglichst breiten Sichtweise weiterhin für den Wald und seine Bewirtschafter auf allen politischen Ebenen zu engagieren. Wir wollen das Beste für den Wald. Dazu gehört stets auch eine zeitgemäße Interpretation guter Waldbewirtschaftung im Angesicht des Klimawandels und der Biodiversitätskrise. Den baden-württembergischen Weg, ein Dreiklang aus

  • gesetzlichen Leitplanken (Landeswaldgesetz),
  • einem langfristigen, lernenden und partizipativen Managementsystem (Waldstrategie 2050) und
  • einem Katalog finanzieller Anreize zur Weiterentwicklung von Wäldern (Forstliche Förderung),

halten wir für die beste Strategie, um unsere heimischen Wälder fit für die Zukunft zu machen. Enge Regelungen auf allen Ebenen, Wegfall von Förderung und Forschungsgeldern und das Aufgeben der Waldbewirtschaftung auf großer Fläche halten wir dagegen für nicht zielführend, um die vielfältigen Funktionen der Wälder nachhaltig zu sichern.

Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden beim Europäischen Waldabend 2024 für ihre Beiträge, beim Publikum für den regen Austausch sowie beim Institut Français Stuttgart für die Ausrichtung dieser Veranstaltung.


Weiterführende Leseempfehlungen: