Ökologischer Jagdverein Baden-Württemberg e.V. (ÖJV-BW)

Wer wir sind

Unser Selbstbild

Der Ökologische Jagdverein Baden-Württemberg e.V. (ÖJV-BW) wurde 1995 in Rottenburg gegründet und hat (Stand Februar 2021) ca. 620 Mitglieder. Seit 2015 sind wir nach dem Inkrafttreten des JWMG eine anerkannte landesweite Vertretung der Jägerinnen und Jäger nach § 64 Abs. 1 JWMG, und sind in Regionalgruppen organisiert.

Als moderner und vorwärtsgewandter Jagdverein wollen wir vor allem die Jagd in Baden-Württem­berg zukunftsfähig weiterentwickeln. Dies tun wir vor dem Hintergrund der Anforderungen von Gesellschaft, Wald- und Feldbewirtschaftenden. Ebenso beschäftigen wir uns mit den Herausforderungen, die sich aus dem Klimawandel ergeben. Eine Jagd als nur traditionsorientierter Selbstzweck hat sich mittlerweile gesell­schaft­lich überlebt. Sie ist heute in hohem Maße Dienstleistung. Das Erlegen von Wild­tieren erhält seine Legitimation durch die Nutzung des Wildbrets als natürliche, hochwertige und nachhaltige Nahrungsressource. Im Wald dient das Manage­ment von Wildtieren dem Erhalt eines biolo­gischen Gleich­gewichts insbesondere innerhalb eines durch Menschen geprägten Ökosystems. Wir wollen dadurch dessen natürliche bzw. mög­lichst naturnahe Weiterentwicklung zu ermöglichen und Wildschäden vermeiden. Die Ausübung der Jagd muss sich an diesen Grundsätzen orien­tieren.

Jagd richtet sich nach den Bedürfnissen der Tiere und des Ökosystems

Aus diesen Anforderungen ergibt sich insbesondere die Notwendigkeit, dass Schalenwildbestände an das jeweilige Biotop oder dessen Entwicklungsziel angepasst sind. Sowohl Rehwild als auch Schwarz­wild profitieren als Kulturfolger erheblich von den Veränderungen im Wald und in der Feldflur, die durch unsere Bewirtschaftung entstehen. Infolgedessen müssen diese Wildtierarten laufend durch Nutzung reguliert werden, um insbesondere eine Entwicklung hin zu naturnahen Bewirtschaf­tungs­formen im Wald zu ermöglichen. Die Folgen des Klimawandels haben diese Situation allerdings deutlich verschärft. Aus Sicht des ÖJV-BW muss sich eine zukunftsfähige und zukunftswillige Jagd aktuell als Teil einer gesamtgesellschaftlichen Anstrengung für den Erhalt und die Entwicklung unserer Wälder im Klimawandel begreifen. Deshalb ist es uns besonders wichtig, dass – auf eine Anregung aus dem Landesjagdbeirat hin – dies nun auch in den programmatischen Bestimmungen des Jagd- und Wildtier­managementgesetzes Baden-Württemberg verankert worden ist.

Unabhängig davon muss sich die Jagdausübung auch an den Bedürfnissen der Wildtiere orientieren. Das bedeutet, dass eine angemessene Jagdruhezeit von mindestens zwei Wintermonaten (von Anfang Februar bis Ende März) für alle Wildtiere insbesondere im Wald umfassend durchgesetzt werden muss. In dieser Zeit darf keine Jagd stattfinden! Nur dann können unsere wiederkäuenden Schalen­wildarten den Stoffwechsel und ihre Aktivität entsprechend ihres natürlichen Jahreszyklus herunter­fahren. Auch sonst aber sind Störungen der Wildtiere durch jagd­liche Eingriffe auf ein notwendiges Maß zu begrenzen. Dem dient unter anderem die Inter­valljagd und die Durchführung revierübergreifender Bewegungsjagden. Damit wird vor allem eine dauernde „Belagerung“ der Tiere durch andauernde Ansitz­jagd vermieden.

Verantwortungsträger mit hohem fachlichen Anspruch

Um unnötiges Tierleid zu vermeiden, müssen Jäger*innen durch regelmäßiges Training ihre die Schießfertigkeit auf hohes Niveau bringen und erhalten. Nur wer nachweislich sicher treffen kann, soll Wildtiere erlegen dürfen. Jagdmethoden, die mit unnötigem Tierleid verbunden sein können, wie bei­spiels­weise die Fallen- und Baujagd, sollen nur noch in Ausnahmefällen und bei gegebener Notwendigkeit zugelassen und ausgeübt werden.

Zu einer fachgerechten Jagdausübung gehören für den ÖJV-BW insbesondere der gezielte Hunde­einsatz („die Jagd mit dem Hund hält Jäger und Wald gesund“) und die fachgerechte Ausbildung insbesondere geeigneter Stöber- und Schweiß­hunde. Letztere muss sich an praxisrelevanten und tierschutz­konformen Kriterien orientieren.

Wildtiere sind Teil unserer Natur, die in Baden-Württemberg sehr weitgehend und oft kleinteilig durch menschliche Nutzung gestaltet ist. Sie ist zur historischen Kultur­landschaft im Zeitalter des Anthropozäns geworden. Deshalb ist unser Ziel, soweit möglich, naturnahe Bewirt­schaftungsformen und Struk­turen zu fördern. Von den Folgen der menschlichen Gestaltung unserer Natur profi­tieren vor allem unsere Schalenwildarten. Durch mehr Boden­vegetation in der Forst­wirtschaft und intensive Landwirtschaft finden sie vielfach ein höheres Nah­rungs­angebot vor als das in den Naturwaldgesellschaften Mittel­europas der Fall wäre. Eine zusätzliche Fütterung für jagdlich erwünschte und begehrte Wildtiere dagegen verschärft diese Situation nur und bringt weiteres Ungleich­gewicht in das System. Die Fütterung von Wildtieren muss deshalb nach dem Leitbild des Gesetzes gänzlich verboten bleiben und nicht von Ausnahmen und Dauer“übergangs“regelungen durchbrochen sein. Wildtiere sind deshalb „wild“, weil sie ohne uns Menschen zu leben vermögen. Wir sollten das respektieren.

Lebensräume entwickeln und Biodiversität fördern

Auch wenn der Wald uns besonders am Herzen liegt, sehen wir mit Sorge, dass die Lebensräume für viele andere – vor allem nicht bejagte – Tierarten in unserer Feldflur und im Offenland in den letzten Jahrzehnten immer weiter zugunsten von Produk­tionsflächen zurückgegangen sind („Vermaisung“). Diese Entwicklung muss gebändigt und an geeigneten Standorten umgekehrt werden, ansonsten drohen ernsthafte Schäden durch Artenrückgang.

Seit einigen Jahren wandert der Luchs wieder in Baden-Württemberg ein. Allerdings kommen nur männliche Tiere zu uns. Sie legen deutlich weitere Strecken zurück­ als die Weibchen. Baden-Württemberg ist ein wichtiger Trittstein zwischen den Vorkommen des Luchses in der Alpenregion, im Pfälzerwald, den Vogesen und im Bayerischen Wald. Es ist deshalb aus Gründen des Arten­schutzes und der Förderung der Biodiversität dringend geboten, die Wieder­ansiedlung des Luchses durch Auswilderung weiblicher Tiere zu unterstützen.

Die eigentlichen Jagdrechtsinhaber in Baden-Württemberg sind die Grund­eigen­tümer. Diese können aber in den meisten Fällen die Jagd nicht selbst ausüben oder Einfluss auf die Bejagung nehmen. Unser Ziel ist es, die Position der Grundeigentümer im Jagdrecht zu stärken. Dadurch sind sie in der Lage, die Verant­wortung für die Natur in ihrem Eigentum auch selbst wahrzunehmen.

Was wir tun

Der ÖJV-BW ist mit einem breiten Programm an Veranstaltungen und Aktivitäten und mit seinen fachlich qualifizierten ehrenamtlichen Vertretern landesweit aktiv:

  • Mitwirkung als anerkannte Vertretung der Jäger*innen nach § 64 JWMG an der Entwicklung jagdlicher Gesetze und Normen
  • Mitarbeit im Landesjagdbeirat und in vielen Jagdbeiräten auf Kreisebene
  • Fachveranstaltungen und Symposien zu Themen der Jagd und des Naturschutzes, Weiter­bildung der Jägerschaft in wildbiologischen und waldökologischen Zusammenhängen sowie modernen Jagdmethoden
  • Der ÖJV-BW hat als erster Jagdverband in Deutschland jagdliche Schieß­trainer intensiv ausgebildet. Mit deren Hilfe werden zielgerichtete und effektive Fortbildungen im gesamten Land, nicht nur für Mitglieder umgesetzt.
  • Der ÖJV-BW führt Fortbildungen in der Stöberhundeausbildung und Prüfungen zur allgemeinen Brauchbarkeit von Jagdhunden durch.
  • Der ÖJV-BW bietet regelmäßig mehrtägige Exkursionen innerhalb Deutschlands sowie im europäischen Ausland mit dem Schwerpunkt Wildtiere, Naturräume und Naturschutz an.

Warum wir Mitglied im Landeswaldverband sind

Der Wald steht unter Druck

Der Wald ist uns wichtig. Im Waldland Baden-Württemberg ist er nicht nur der hauptsächliche Ort der Jagdausübung und wichtigste Lebensgrundlage unserer Wildtiere, er erfüllt zuallererst wichtige Funktionen für die Umwelt und die Menschen durch die nachhaltige Bereitstellung des natürlichen Rohstoffs Holz, als Rückzugs- und Erholungsraum unserer Bevölkerung und durch seine vielfältigen Schutzfunktionen.

Der Wald ist aber auch bedroht und wird von verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen beansprucht:

Im Zuge der Klimaveränderung wird immer deutlicher, dass sich die bisherigen Waldgesellschaften massiv verändern werden. Landesweit leiden die Wälder unter bisher nicht gekannten Borken­käfer­kalamitäten an Fichte und Tanne. Unsere natürliche Hauptbaumart, die Buche, stirbt in einigen Regionen hektar­weise ab. Das ist eine Entwicklung, die niemand vorhersehen konnte. Es steht zu befürchten, dass wir im Zuge der Klimaerwärmung noch weitere, unerfreuliche Überraschungen erleben werden.

Veränderungsprozesse mit Augenmaß gestalten

Gleichzeitig, oder gerade deswegen, rückt der Wald auch in den Fokus der Öffent­lichkeit. Verschie­denste politische Akteure präsentieren in den Medien ihre Lösungen und Vorstellungen, wie zukünftig mit dem Wald umgegangen werden soll. Leider sind viele Ansätze, die von einer zunehmend ihren natürlichen Lebensgrundlagen entfremdeten Gesellschaft aufgesogen werden, sehr eindimensional auf Partikularinteressen ausgerichtet. Beispiele sind die Vorstel­lungen von Peter Wohlleben oder auch die gescheiterte Kampagne der „Deutschen Wildtierstiftung“ zur Verbreitung des Rotwildes über das ganze Land. All diesen Forderungen gemein ist jedoch, dass sie immer nur eine Facette des komplexen Gebildes Wald betrachten und fördern wollen. Der Wald ist aber ein vielschichtiges System aus Flora und Fauna, Nutzung, Lebensraumfunktion und Raum für Menschen. Es lässt sich nicht auf einen Einzelaspekt reduzieren. Jeder Ansatz, der diesen Zusammenhang nicht beachtet, wird das Gesamtsystem weiter aus dem Gleichgewicht bringen.

Tatsache ist auch, dass bisher niemand genaue Aussagen über die zukünftige Entwicklung treffen kann. Weder welche Veränderungen uns durch die Erd­erwärmung bevorstehen, noch welche Maßnahmen am besten geeignet sind, ihnen zu begegnen. Da das Ökosystem Wald sich in sehr langfristigen Zeit­räumen entwickelt, wird es auch sehr lange dauern, bis wir Antworten aus der Forschung oder Erfahrungen von Anbauversuchen aus der Praxis erhalten. Umso wichtiger ist es, jetzt intensiv mit Forschung und Versuch zu beginnen, auch wenn die Antworten erst viel später kommen werden. Dies muss der Politik und der Bevölkerung vermittelt werden. Vorschnelle Antworten und einseitige Maßnahmen werden unsere Probleme im Wald nur weiter verschärfen.

Der ÖJV-BW als Gestalter in Politik und Wald

Welche Rolle kann der ÖJV-BW aktuell in dieser Frage spielen? Eine artenreiche und standort­ange­passte Waldverjüngung ist DIE zentrale Stellschraube für den Wald der Zukunft. Die Entwicklung unserer Wälder und deren Überführung in einen klimastabilen und klimaplastischen Zustand hängt deshalb wesentlich von der Art und Weise ab, wie zukünftig gejagt werden wird und mit welchem Selbst­verständnis diejenigen, die die Jagd ausüben, sich selbst sehen. Angesprochen sind ins­be­son­dere auch die politischen Entscheider und die beteiligten Behörden. Hier muss ein Bewusstsein für das Gesamtsystem geschaffen werden. Jäger sollten sich zunehmend als „Ökosystemmanager“ und Dienstleister an der Gemein­schaft begreifen. Nur dann kann es künftig gelingen, die immense Zahl der Aufgaben im Wald zu bewältigen.

Wir als ÖJV-BW wollen speziell zu diesem Aspekt unseren Beitrag leisten und sehen den Landes­waldverband als eine wichtige Institution, in der wir uns hierzu einbringen können.

Unsere Erreichbarkeit

Sie erreichen uns im Web unter:

http://www.oejv-bw.de