Interviews Unser Wald

„Der Försterberuf ist ein toller, sinnstiftender Job“

Achim Klausner, Förster des Jahres 2024, im Interview

Die Auszeichnung als Förster des Jahres 2024 ging nach Baden-Württemberg, genauer gesagt an Achim Klausner. Seit 2012 ist er Revierleiter beim Landkreis Böblingen und zuständig für das Gebiet Schönbuchlichtung-Nord. Über die Grenzen des Reviers bekannt wurde er als Förster Klaus – unter diesem Namen betreibt er seit gut vier Jahren Social-Media-Kanäle, erst auf YouTube, heute bei Instagram. Die niedrigschwellige Aufklärungsarbeit, mit der Klausner mittlerweile mehr als 8.000 Abonnenten erreicht, hatte auch wesentlichen Einfluss auf seinen Titelgewinn. „Aber das ist ja kein Wettbewerb, bei dem es darum geht, wer am meisten Holz hacken kann“, lacht der 48-jährige. Er sei ein ganz normaler Förster und macht seine Arbeit so gut er kann, wie viele andere Forstleute, sagt Klausner ganz bodenständig.

Sein Büro hat Achim Klausner in Schönaich, einer Gemeinde mit gut 10.000 Einwohnern im Landkreis Böblingen, der Naturpark Schönbuch liegt in Sichtweite. Im Obergeschoss des Bürgerhauses, direkt unter dem Dach, empfängt ein gut gelaunter Förster Klaus zum Gespräch. „Im Sommer wird es hier schon ziemlich warm, das heizt dann direkt für ein paar Tage auf“, erzählt er. Aber da gibt es ja immer den kühlen Wald zum Ausweichen. Den hat Klausner auf einer Karte vis-a-vis seines Schreibtischs immer im Blick. Auf einem Tisch liegt außerdem die Diplomarbeit, die Klausner im Jahr 2001 verfasst hat. Thema: Die Eigenschaften von Holzbrennstoffen. Eine Praktikantin hatte sich dafür interessiert, weshalb die Arbeit hier im Büro ist. Dabei erinnert sich Klausner an seine eigenen Anfänge im Beruf.

Inhalt:

Wie Förster Klaus zum Förster wurde

Herr Klausner, war Förster schon immer ihr Traumberuf?
Mein Vater war Jäger, als „Teenie“ war ich selbst in den Achtzigern bei den Pfadfindern. Nach meinem Zivildienst war Förster dann einer der Berufe, die auf der Auswahlliste standen.

Da gab es aber zunächst noch andere Optionen?
Ja, denn ich war nicht gerade der fleißigste Schüler und mein Schnitt war nicht so super (lacht). Deshalb gab es noch ein paar andere Stellen, auf die ich mich beworben hatte: Kartographie und Sozialpädagogik. Aber es hat dann doch mit der ersten Wahl geklappt und so konnte ich an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg studieren.

Und da haben Sie einen Bachelor in Forstwirtschaft gemacht?
Zu meiner Zeit war es noch kein Bachelorstudium, sondern klassisch acht Semester auf Diplom. Ich habe dann noch eines drangehängt, weil ich meine Diplomarbeit in Dänemark geschrieben habe. Das war ein bisschen aufwändiger, sowohl was die Aufgabenstellung der Arbeit als auch den Reiseweg betrifft.

Wie kam es dazu?
Ich wollte ins Ausland, sehr gerne nach Skandinavien. Schweden hatte mir schon für ein Praxissemester abgesagt. In Finnland hatte ich eine Zusage in Oulu, ganz im Norden. Da habe ich geschaut, wie man da mit dem Auto hinkommt – was natürlich sehr weit war (lacht). Das dänische Forschungszentrum für Wald und Landwirtschaft hat mich dann genommen. So hatte ich die Chance, meine Diplomarbeit bei einem der dortigen Betreuer zu schreiben.

Wie hat Sie speziell an Dänemark gereizt?
Die Arbeit habe ich im Jahr 2000 geschrieben und 2001 abgegeben. . Dänemark ist von Wasser umgeben, das Land hat also viele Häfen und viel Landwirtschaft. Was sie hingegen nicht haben, ist Wald. Aber Dänemark wollte seine Waldfläche von damals 11 Prozent verdoppeln, heute sind sie immerhin bei ungefähr 15 Prozent. Die Dänen stellten schon damals ihre Kohlekraftwerke auf erneuerbare Energie um. Zur Hackschnitzelproduktion sollten die alten Fördertechniken der Kohleproduktion umfunktioniert werden. Diesen Prozess zu begleiten hat mich gereizt. Meine Arbeit trug dann den Titel „Handling Characteristics of Wood Fuels“.

Was haben Sie dabei erforscht?
Es ging um die Frage: Wie muss ich Hackschnitzel produzieren, damit sie für die bestehende Fördertechnik in Kohlekraftwerken problemlos verwendbar sind? Kohle ist viel rutschiger und schwerer als Holz. Am besten gelingt das deshalb, wenn man Rundholz verwendet. Das war sehr interessant und praxisbezogen. Mir hat das gut gefallen, weil man weiß, dass man den Leuten damit direkt bei der Umstellung auf Fernwärme hilft.

Und selbst in die Praxis eingestiegen sind Sie dann nach Abschluss der Diplomarbeit?
Genau, mein Jahr als Anwärter – heute nennt man das „Trainee“ – habe ich beim staatlichen Forstamt Weil im Schönbuch gemacht. Im Revier Stuttgart-Rohr, Günter Schwarz war dort mein Ausbildungsleiter. Nach einem Jahr als Anwärter gab es die Staatsprüfung. 2003 bin ich dann zur Forstdirektion Tübingen gewechselt, ins Referat Forstpolitik. Da war ich zuständig für Privatwaldbetreuung, FBGs und Fördermittel, das war mein erster Job. Nach der Zusammenlegung der Direktionen war ich eine Zeit lang im zentralen Holzverkauf, danach 7 Monate im MLR.

Und wie sind Sie dann wieder in der Heimat gelandet?
Irgendwann wurde hier das Revier frei, weil ein Kollege aus gesundheitlichen Gründen leider früher in den Ruhestand gehen musste. Auf diese Stelle habe ich mich beworben – und seit Februar 2012 bin ich hier.

Welche Themen haben Sie damals beschäftigt, als Sie die Stelle angetreten haben?
Zunächst einmal die Waldarbeiter. Das ist meist eine relativ kleine Gruppe und in so einer Konstellation muss einfach die Harmonie stimmen. Aber so ein Start als Revierleiter ist immer mit viel Arbeit verbunden, obwohl ich selbst aus Holzgerlingen stamme. Man muss sich erst mal auskennen: Wo sind die Rathäuser, die Gemeinderäte, die Bürgervertreter? Und die berühmten „Stakeholder“ – also jeder, der etwas vom Wald möchte. Große Themen, wie der Klimawandel oder die Buchenkomplexkrankheiten, waren damals hingegen noch gar nicht so präsent.

Mittlerweile hat sich das wahrscheinlich verändert.
Es gibt Themen, die immer bleiben: Die Leute wollen ihr Brennholz, das Thema Erholung war hier in der Region schon immer wichtig. Was sich zum Beispiel verändert hat, ist die positive Sicht darauf, Holz von hier nachhaltig zu ernten. Da wären Leute früher eher kritisch, heutzutage schätzen es die Leute, einen regionalen Rohstoff zu nutzen. Wenn das Holz für den Tisch von hier kommt, statt 5000 Kilometer entfernt aus einer anderen Himmelsrichtung.


Waldumbau im Schönbuch: „Die Mischung wird bunter und mehrschichtiger“

Für alle, die sich in Ihrem Revier nicht auskennen: Was macht den Schönbuch aus?
Der gesamte Schönbuch hat einen hohen Eichenanteil, rund 25 Prozent. Umgekehrt gibt es einen eher kleinen Anteil an Nadelholz, Tendenz fallend.

In welchem Zustand ist der Wald aktuell?
Man sieht schon, dass bestimmte Baumarten leiden, besonders die ganz alten Bestände. Im Schönbuch gibt es eine Verteilung mit zwei „Gipfeln“, sicher auch bedingt durch die Orkane in den Neunzigern. Da haben wir zum einen junge Bäume im Alter zwischen 20 und 30 Jahren und in der Mitte fast nichts. Das ist die Altersklasse von 50 bis 80 Jahren, da gibt es bei uns weniger Bestände. Allerdings haben wir sehr alte Bäume, die über 140 Jahre alt sind. Diesen „Senioren“ geht es nicht so gut, weil die natürlich anfälliger für äußere Einflüsse sind.

Der Waldumbau ist ein Thema, das Sie – wie wahrscheinlich viele Forstleute – beschäftigt. Welche Herausforderungen gibt es da im Schönbuch?
Dass die Fichte keine große Zukunft hat, war zwar auch schon zu meinem Start vor zwölf Jahren bekannt. Da hat der Orkan Lothar im Jahr 1999 im Schönbuch aufgeräumt, und davor 1990 der Orkan Wiebke. Aber uns betrifft natürlich auch, dass es der Buche nicht gutgeht, dass das Eschentriebsterben eine Dynamik bekommen hat. Wir beobachten außerdem, dass der Eichenprachtkäfer sich bereits in Mittel- und Norddeutschland ausbreitet.

Welchen Einfluss haben die trockenen Sommer der letzten fünf Jahre?
Wir betrachten ja oft Durchschnittstemperaturen der letzten 30 Jahre und die erscheinen dann gar nicht so schlimm. Für den Wald haben wir aber gesehen, dass drei Dürrejahre einen großen Einfluss haben – egal, wie der Durchschnitt aussieht. Das wird das Waldbild auch in Zukunft verändern.

Macht die Größe des Schönbuchs den Waldumbau dabei komplexer?
Nicht direkt. Im Prinzip betrifft die Herausforderung jeden Wald, unabhängig von seiner Größe. Da sind eher Faktoren wie die Lage und die Bodenbeschaffenheit und die Besitzart ausschlaggebend.

Welche konkreten Probleme beschäftigen Sie aktuell beim Waldumbau?
Das massive Krankwerden der Buche. Die war früher relativ unauffällig, aber seit 2017 sehen wir, dass vor allem alte Buchen absterben. Da ist nicht mehr nur die Krone ein bisschen trocken. Das ist einerseits erntereifes Holz, das andererseits auch ökologisch wertvoll ist. Für die Forstwirte sind solche Bestände sehr gefährlich. Denn die trockenen Bäume stellen bei den Arbeiten eine schwer einzuschätzende Gefahr dar.

Welche Baumarten kommen stattdessen für einen klimaresilienten Schönbuch in Frage?
Wer das richtig beantworten könnte, wäre sicher Millionär (lacht). Die Mischung wird bunter und mehrschichtiger. Dabei geht es nicht nur um die Beständigkeit gegen Dürren, sondern auch gegen Schadinsekten. Wir hatten zum Beispiel den asiatischen Laubholzbock, einen Quarantäneschädling. Der wurde hier vor ein paar Jahren eingeschleppt, war von heute auf morgen da. So etwas kann man nicht voraussehen. Deshalb muss man mit Prognosen immer vorsichtig sein.

So ein Waldumbau ist ein langfristiges Projekt, das Geld kostet. Wer bezahlt das im Falle von Ihrem Revier?
In erster Linie der Waldbesitzer. Für den Gemeindewald kommt also salopp gesagt das Rathaus auf. Die Frage ist aber auch immer, wie ich den Waldumbau vornehme. Hoffe ich einfach darauf, dass die Samen keimen, die bestehende Bäume abwerfen? Dann bringt die Fichte schlicht eine neue Generation Fichten hervor. Was bei uns teilweise geht, ist aus einem von Buchen dominierten Wald mit einzelnen Eichen einen von Eichen dominierten Wald mit einzelnen Buchen zu machen. Das ist relativ günstig, weil der Förster das mit seinem waldbaulichen Können steuern kann. Die andere Variante ist der Klassiker: Ein Fichtenbestand wird gefällt und andere Baumarten werden gepflanzt. Dafür muss man deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Und wer muss da in die Tasche greifen?
Die einfachste und zugleich teuerste Lösung für Waldbesitzer ist es, alles selbst zu bezahlen. Als zweite Möglichkeit stellen Bund und Land Baden-Württemberg Fördermittel für den Waldumbau zur Verfügung. In diesem Fall müssen die Waldbesitzer gewisse Spielregeln einhalten. In den letzten Jahren hat zudem eine dritte Variante zugenommen: Dass verschiedene Institutionen und Unternehmen den Waldumbau mit Geld unterstützen.

Also Unternehmen, die selbst gar nicht aus der Forstbranche stammen?
Es gibt „Mittler“, wie zum Beispiel die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, die Kontakte pflegt. Zu Unternehmen, Firmen, und Institutionen. Auf diese Weise können sie Mittel akquirieren und zum Beispiel für den Waldumbau nutzen.

Gibt es solche Apelle auch in die breite Gesellschaft hinein?
Ja, es gibt außerdem die Möglichkeit, Aufrufe in der Bürgerschaft zu machen. In Holzgerlingen entstand so zum Beispiel ein Bürgerwäldchen. Da haben die Leute direkt gespendet. Man merkt daran schon: Den Menschen ist der Wald wichtig.


Der Schönbuch als Erholungsraum: „Man muss den Umgang mit den Leuten können und mögen“

Der Schönbuch liegt in einem der größten Ballungsräume Baden-Württembergs. Was bedeutet das für die zivile Waldnutzung?
Besonders ist in jedem Fall, dass hier im Landkreis 400.000 Menschen leben – also viele Menschen auf wenig Fläche. Der „Erholungsdruck“ ist hoch. Ein Praktikant und ich haben mal probeweise gezählt, wie viele Menschen während wir Holz vermessen haben in einer Stunde an uns vorbeilaufen: Es waren 53!

Steht der Wald dadurch stärker unter Druck?
Der Waldbestand an sich gar nicht so sehr, weil die meisten Menschen die Waldwege gar nicht verlassen. Die bewegen sich auf den vorhergesehenen Wegen oder Grillen an ausgewiesenen Stellen – das setzt den Wald nicht unter Druck. Problematisch wird es nur, wenn Leute sich nicht mehr an diese Regeln halten. Die FVA hat auch mal eine interessante Untersuchung dazu gemacht, was Menschen im Wald am meisten stört und ganz oben landete die Antwort: „Die anderen Leute“. Da entstehen also im Ballungsraum auch leicht Konflikte, wenn die Leute entweder aufeinander oder auf Jäger und Förster treffen. Wenn man hier in der Gegend Förster ist, muss man deshalb den Umgang mit Leuten können und mögen. Sonst ist man hier falsch.

Muss man im Ballungsraum als Förster anders mit den Menschen kommunizieren?
Es ist auf jeden Fall gut, wenn man die Sperrung beliebter Wege frühzeitig bekanntgibt. Nicht nur für die Spaziergänger. Wir haben hier auch große Arbeitgeber in der Nähe, viele Mitarbeiter fahren da täglich mit dem Rad hin und nehmen dabei den Weg durch den Wald. Sowas muss man also auch berücksichtigen.

Der Schönbuch ist ein Naturpark, gleichzeitig spielt er eine Rolle für die Wirtschaft. Wie geht das zusammen?
Die Fragen kommen tatsächlich immer wieder auf, ganz direkt im Förster-Alltag. Die Leute gehen im Schönbuch spazieren und sehen somit unsere forstwirtschaftliche Arbeit. Der Herausforderung ist gar nicht, zu erklären, warum wir das machen. Das verstehen die Leute im Gespräch direkt. Nur macht der Förster irgendwann Feierabend und geht nach Hause. Die Leute spazieren aber zwei Stunden später oder am Sonntag daran vorbei, Verursacher und Beobachter können also nicht mehr miteinander reden.

Schwierige Situation.
Wir sind irgendwann im Schönbuch dazu übergegangen, Infoschilder aufzustellen. Um zu kommunizieren, was wir an entsprechender Stelle tun und wie lange die Maßnahmen ungefähr dauern. Im Schönbuch sind viele Wochenendausflügler unterwegs. Oder Leute, die hier leben und nach Feierabend noch ein wenig in den Wald gehen. Auch QR-Codes haben wir bereits aufgestellt, dadurch sind wir flexibler. So können die Waldbesucher entweder direkt vor Ort auf dem Handy lesen, was wir dort machen. Oder wenn kein Internet vorhanden ist, die Codes abfotografieren und sich die Infos zu Hause anschauen.

Förster Klaus in sozialen Netzwerken: „Ich habe noch keine Autogrammkarten“

Über Ihr Revier hinaus sind Sie seit einigen Jahren als Förster Klaus bekannt. Welche Rolle spielt die Kommunikation über digitale Medien für Ihre Arbeit?
Ich habe da durchaus positive Erfahrungen gemacht. An einer unserer Grillstellen wurde vor kurzem eine Party gefeiert und die Leute hatten wohl keine Zeit – oder keine Lust – anschließend wieder aufzuräumen. Morgens habe ich kurz ein Foto davon auf Instagram gepostet: Grillen ist okay, alles wunderbar, aber bitte den Müll wieder entsorgen. Als ich abends wieder an die Stelle kam, war dann tatsächlich aufgeräumt. Das hat also wunderbar funktioniert. So könnte man auch bei Maßnahmen wie einer Sperrung wegen Holzernte kommunizieren, um die Leute in der Region zu erreichen.

Werden Sie mittlerweile auch außerhalb der digitalen Sphäre als Förster Klaus erkannt?
Wenn ich mal gerade frisch in der Presse war, schauen mich eventuell ein paar Menschen im Supermarkt anders an. Im Wald kennen mich ohnehin schon viele Leute, weil ich hier bereits eine Weile Förster bin und viel Öffentlichkeitsarbeit mache. Aber es hält sich in Grenzen, ich habe noch keine Autogrammkarten. (lacht)

Hat Sie das anfangs eigentlich Überwindung gekostet – oder dann, als die Abonnentenzahlen in den vierstelligen Bereich geklettert sind?
Ich weiß nicht warum, aber: eigentlich nicht. Die Abonnentenzahlen sind ganz organisch mit der Zeit gewachsen, deshalb ging das ganz gut. Wahrscheinlich auch, weil Shitstorms und ähnliches bisher ausgeblieben sind.

Ist die digitale Ebene eine gute Plattform, auf der verschiedene Interessengruppen rund um den Wald in einen konstruktiven Dialog treten können?
Für einen echten Dialog vielleicht nicht unbedingt. Aber man kann natürlich zu wald- oder forstpolitischen Themen Stellung nehmen. Das Bundeswaldgesetz ist dafür aktuell ein gutes Beispiel. Da erreicht man einen bunten Mix an Leuten, von Privatleuten über Institutionen und Verbänden bis hin zu politischen Entscheidern.

Bislang konzentrieren Sie sich aber eher auf Ihren Berufsalltag im Wald statt auf politische Themen, oder?
Genau. Ich könnte mich aus dem Fenster lehnen und zum Beispiel etwas zur Stromgewinnung im Wald sagen. Aber das polarisiert einfach und da muss ich mich fragen, ob ich das überhaupt auf meinem Kanal haben will.

Wo Sie nun Förster des Jahres sind, tritt die Politik von sich aus an Sie heran?
Bis jetzt ist es politisch noch relativ ruhig. Ich kriege demnächst Besuch von Minister Peter Hauk und bin im Austausch mit Landtagsabgeordneten. Aber meine Tür steht offen. Denn ich glaube, dass politische Entscheidungsträger, die selbst nicht aus der Forstbranche kommen, die Praxis kennen sollten. Ich versuche jedenfalls jetzt, meine Kanäle zu nutzen.

Nachwuchs für die Forstbranche: „Wir haben ganz klar Fachkräftemangel“

Wie sieht es aktuell mit dem Nachwuchs für den Försterberuf aus? In welchen Bereichen besteht hier Bedarf?
Man muss dabei zwischen Förstern und Waldarbeitern unterscheiden. Bei den Förstern ist die Situation angespannt, aber hier gibt es glücklicherweise noch ausreichenden Nachwuchs. Bei den Forstwirten sieht das aber anders aus, da haben wir ganz klar einen Fachkräftemangel. In unserem Ballungsraum vielleicht sogar verstärkt, weil die großen Player in der Industrie ganz andere Gehälter zahlen können als die öffentliche Hand.

Die Leute gehen also lieber zu Autoherstellern und deren Zulieferern?
Oder, wenn sie im „grünen Bereich“ bleiben wollen, beispielsweise zu Landmaschinenherstellern. Denn Forstwirte machen nun mal harte, sehr gefährliche Arbeit in einem kleinen Team, das muss man schon so sagen.

Wie findet man unter diesen Voraussetzungen Nachwuchs?
Gute Frage. Es gibt einen gewissen Prozentsatz an Jugendlichen, die das einfach aus Herzblut machen. Und unter denen gibt es wiederum einen Teil, für den die Bezahlung – aus welchen Gründen auch immer – nicht oberste Priorität hat. Für Arbeitgeber gilt es darüber hinaus, sich durch zeitgemäße Ausstattung attraktiv zu machen. Vernünftige Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, vielleicht mit einer Werkstatt, die man in Absprache auch in der Freizeit nutzen kann. Für so etwas braucht man, in Anführungszeichen, nur Geld.

Das ist also nur eine Seite?
Deutlich schwieriger ist es, für einen guten Teamspirit zu sorgen. Wenn man verlässliche Chefs und Kollegen hat, mit denen man nicht nur über die Arbeit spricht, sondern auch mal fragt: „Du, wie geht’s dir eigentlich?“ Wir verbringen einen Drittel unseres Tages mit der Arbeit, deshalb ist das definitiv wichtig. Ich komme selbst aus einer Forstwirtschaft, die früher sehr hierarchisch und eher schonungslos war. Deshalb finde ich, dass wir das Arbeitsumfeld in diesem Bereich optimieren können. Denn an sich ist es ein toller, sinnstiftender Beruf, bei dem man sieht, was man getan hat. Der Job hat also positive Seiten. Aber die gehen unter, wenn am Ende des Monats das Geld nicht reicht und du nur mit Stinkstiefeln arbeitest.

Ist die Personalnot eine neue Entwicklung?
Als ich angefangen habe, gab es einen Überschuss an Arbeitskräften. Der Umschwung bei den Forstwirten kam meiner Einschätzung nach vor fünf, sechs Jahren. Viele Forstwirte hängen noch ein Studium dran oder machen einen Forstwirtschafts-Meister. Gleichzeitig gehen die Ausbildungszahlen gehen zurück, weil das ein Kostenfaktor für die Betrieb ist.

Gibt es einen bestimmten Auslöser für diese Trendumkehr?
Zum einen sind es große Ausbildungsbetriebe, die nicht mehr über die Quote hinaus ausbilden. Früher wurde das als Auftrag für die Gesellschaft gesehen. Hier hat sich zum Beispiel ForstBW als größter Waldbesitzer in Baden-Württemberg neu ausgerichtet – was sein gutes Recht ist. Aber die Ausbildung dauert zwei bis drei Jahre, die Auswirkungen des Wegfalls spürt man also ziemlich schnell. Und hinzu kommt wie gesagt die Thematik des Gehalts, da schaut der Nachwuchs in Zeiten der Inflation selbstverständlich drauf. Aber das merken alle Branchen.

Haben sich auch die Abbruchquoten erhöht?
Wir haben mittlerweile einen höheren Anteil an Gymnasiasten und durch G8 sind die auch oft jünger als früher. Die machen den Forstwirt eventuell als erste Ausbildung, hängen dann aber ein Studium oder zum Beispiel eine Ausbildung als Schreiner oder Zimmermann dran. Diese traditionelle Herangehensweise, dass man sich in jungen Jahren für einen Beruf entscheidet und dabeibleibt, hat sich geändert. Und unsere Leute sind durch ihre Ausbildung natürlich auch super Praktiker – die werden gerne abgeworben.

Helfen Maßnahmen wie Ihre Social-Media-Präsenz dabei, junge Leute zu erreichen?
Es gibt einerseits die Werbung im Kleinen, dass die Leute den Försterberuf zum Beispiel durch Schülerpraktika kennenlernen und dann ihre Ausbildung bei uns anfangen. Aber natürlich kommuniziere ich durch Social Media auch in die Breite. Jungen Menschen sehen das eventuell und denken sich „Das Arbeiten in der Forstwirtschaft ist ja spannend, da informiere ich mal vor Ort“.

Wir bedanken uns bei Achim Klausner für die Einladung nach Schönaich und das umfangreiche Gespräch.


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