Unser Wald Waldwissen | 8. Dezember 2020

Warum Forstleute Bäume entnehmen

Ein Einblick in Durchforstung & Waldpflege am Königstuhl bei Heidelberg

Vor einigen Tagen hat uns Wolfgang Ernst, Revierleiter aus Heidelberg, mit zu Forstarbeiten am Königstuhl genommen. Wir durften mit dabei sein, wie eine massive Buche mit rund 10 bis 15 Tonnen Gewicht gefällt wurde. Ein ziemlicher eindrücklicher Moment, den man nicht jeden Tag erlebt – und ein anschauliches Beispiel für das Konzept der Durchforstung.

Präzisionsarbeit am Waldriesen

Völlig klar wird dabei auch aus sicherer Entfernung, was für einen gefährlichen Job die Forstwirte hier hochpräzise ausführen. Mit Fällkeil und Motorsäge bearbeiten sie den Stamm, bis der Baum kontrolliert in die vorgesehene Richtung fällt. Dann heißt es in Deckung gehen, denn im Fall reißt die Krone möglicherweise Zweige und Äste mit, die selbst mit einigem Gewicht zu Boden fallen.

Beim Blick ins Innere des Stamms wurde anschließend deutlich, warum dieser Baum weichen musste: Hier erkennt man einen dunklen Ring. Wolfgang Ernst erklärt: „Je nach Standort und Alter – ab circa 120 Jahren – haben wir bei der Buche eine beginnende Verfärbung des hellen bis leicht ockerfarbenen Buchenholzes zu einem „Rotkern“, mit einem rötlich braunen Farbton beginnend im zentralen Bereich des Stammquerschnitts. Mit fortschreitendem Alter vergrößert sich der Farbkern, wird zum Flammkern und dunkler, bisher noch statisch und technisch verwertbar.“

Bei dieser Buche handelt es sich um den Übergang vom Rot- zum Flammkern. Bei Berührung merkt man bereits, dass das Holz im Kern feucht und weich ist, außerdem leicht modrig riecht. Noch ist es technisch und statisch verwertbar. Allerdings kann sich daraus irgendwann Kernfäule entwickeln, durch die der gesamte Baum instabil und zur Gefahr wird.

Durchforstung hält das biologische Rad am Laufen

Hier am Südhang deutlich unterhalb des Königstuhls sind die Bäume im Sommer Hitze und Trockenheit ausgesetzt. Die Fällung der Buche schafft deshalb Platz für Eichen, die für eine Durchmischung der Baumarten sorgen und den gesamten Bestand stabiler im Klimawandel machen. Ulrich Potell, Geschäftsführer im Landeswaldverband, betont: „Die kontinuierliche Bewirtschaftung der Wälder versorgt uns mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Dabei erreichen wir durch Pflege des Waldes gleich mehrere Ziele. Sorgfältige Entnahme von geschwächten Bäumen führt zu einer klimaresilienteren Mischung unter den verbleibenden Bäumen. Fitte Wälder leisten eine Menge für Klima- und Artenschutz. Jede Lücke im Kronendach wirkt wie ein Booster für junge Pflanzen am Boden. Sie setzen das Sonnenlicht und das CO₂ aus der Luft rasch wieder in Wachstum um.“

Außerdem wichtig: Auch ein gefällter Baum speichert in seinem Holz weiterhin CO₂. Deshalb ist es sinnvoll, dass wir den nachwachsenden Rohstoff durch Holzverwendung langfristig nutzen. Förster Wolfgang Ernst erzählte, dass er selbst zu Hause Treppen aus Kernbuche hat – einem Holz mit natürlicher Verfärbung, die oft fälschlich als „Mangel“ gilt. Dabei ist es wunderschön und technisch völlig einwandfrei. Ulrich Potell fasst zusammen: „Durch Durchforstung halten wir das biologische Rad am Laufen – und können dann aus dem Holz noch schöne und nützliche Alltagsgegenstände herstellen.“

Wald naturnah bewirtschaften heißt: Bäume schützen, solange es geht. Entnehmen, wenn es nötig ist. Und das Holz wertschätzen – mit all seinen Farben.

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