Erweiterung des Nationalparks Schwarzwald
Der Nationalpark Schwarzwald ist seit seiner Gründung auf zwei räumlich getrennte Gebiete verteilt. In einem erneuten Anlauf soll unter umfassender Beteiligung der Bevölkerung der Nationalpark erweitert und zusammengeführt werden. Der Landeswaldverband Baden-Württemberg e.V. fordert dazu im Sinne einer allgemein verträglichen und abgestimmten Erweiterungsstrategie:
Unsere Forderungen im Überblick
- Die Verbindung der beiden Nationalparkteile stellt die finale Erweiterung dar.
- Die Erweiterung des Nationalparks soll zu einer zweckmäßigen Flächenarrondierung führen.
- Der Beteiligungsprozess muss fair und transparent sein. Eine landesweite „Überstimmung“ der Interessengruppen vor Ort durch ein Landesinteresse lehnen wir ab.
- Die Entwicklung verschiedener Alternativen der Erweiterung muss sowohl sozialwissenschaftlich als auch naturwissenschaftlich abgesichert sein. Die wissenschaftliche Begleitung muss über Sachkunde im Forstbereich verfügen.
- Die Chancen und Risiken der Erweiterung müssen vollumfänglich und nachprüfbar dargelegt werden.
- Zur Schaffung großer Ruhezonen muss die Besucherlenkung neu konzipiert werden.
- Das Borkenkäfer- und Wildtiermanagement muss jeweils verlässlich ausgestaltet werden.
- Die Zielsetzungen im Pufferstreifen müssen unverändert erhalten bleiben.
- Betroffene Forstbetriebe, mit denen über Ankauf bzw. Tausch von potenziellen Erweiterungsflächen fair verhandelt wird, dürfen nicht politisch unter Druck gesetzt werden.
- Die Auswirkungen auf die Holzversorgung müssen abgewogen werden und in die Entscheidungsfindung einfließen.
- Die Erweiterung muss im Einvernehmen mit betroffenen Waldbesitzern geschehen.
- Beschäftigte von ForstBW müssen einseitig freiwillig zur Nationalparkverwaltung wechseln können. Der Wechsel muss unter Besitzstandswahrung und mit anschließender amtsangemessener Beschäftigung erfolgen.
Unsere Forderungen im Detail erläutert
Klar ist: Ein auf breiter Basis akzeptierter erweiterter Nationalpark geht nur gemeinsam mit den Betroffenen auf Grundlage einer Bewertung des gesamtgesellschaftlichen Nutzens, nicht auf einer rein politischen Setzung.
Dabei müssen die Vorteile der Erweiterung deutlicher herausgearbeitet werden. Der Nationalpark ist ein wichtiges Aushängeschild der baden-württembergischen Wald- und Naturschutzkultur. Er trägt über die Landesgrenzen zum Renommee des Landes bei und hat erhebliche touristische Bedeutung.
Die Erweiterung schließt den Nationalpark Schwarzwald ab
Mit der Verschmelzung der beiden Teile des Nationalparks muss der Prozess der Erweiterung abgeschlossen sein. Im Zuge dieser Erweiterung soll auch eine Flächenarrondierung erreicht werden. Das reduziert Randeffekte zu benachbarten Forstbetrieben und ermöglicht es, die verbliebenen Forstbetriebe noch sinnvoll zu bewirtschaften.
Arrondierung kann auch bedeuten, dass bestehende Nationalpark-Flächen wieder in Bewirtschaftung genommen werden. Wir fordern klare Grenzen und saubere Linien. Die Bildung von Exklaven/Enklaven ist zu vermeiden!
Akzeptanz durch Bürgerbeteiligung
Es kommt uns besonders darauf an, dass die Erweiterung des Nationalparks durch einen transparenten Bürgerbeteiligungsprozess begleitet wird. Die Meinung der örtlichen Bevölkerung muss berücksichtigt werden. Ein „Überstimmen“ durch landesweite Abstimmung darf sich nicht wiederholen.
Die Ausweisung des Nationalparks wurde damals gegen den mehrheitlichen Willen der örtlichen Bevölkerung durchgeführt. Die jetzt geplante Erweiterung wirkt wie eine „Salamitaktik“ und schürt weiteres Misstrauen gegen politische Entscheidungsprozesse.
Abwägung aller Interessen und wissenschaftliche Begleitung
Bei der Prüfung verschiedener Alternativen für die Erweiterung sind nach unserer Meinung sowohl sozial- als auch naturwissenschaftliche Kriterien maßgebend. Die wissenschaftliche Betreuung muss über Sachkunde im Forstbereich verfügen. Sie kann die Zielsetzung der Erweiterung transparent und nachvollziehbar auf wissenschaftlicher Grundlage darlegen. Eine Neukonzeption der Besucherlenkung zur Schaffung großer Ruhezonen ist in diesem Zuge erforderlich. Gleiches gilt für ein verlässliches Borkenkäfer- und Wildtiermanagement.
Regionales Holz geht verloren
Die Erweiterungsflächen haben zurzeit eine große Bedeutung für die Holzversorgung. Die wegfallenden Holzmengen können nicht anderweitig kompensiert werden. Nur eine transparente Kosten-/Nutzen-Rechnung schafft hier Akzeptanz entlang der Wertschöpfungskette Wald. Für die Pufferstreifen muss nach wie vor dieselbe Zielsetzung gelten.
Die Forstbetriebe brauchen eine Perspektive
Die Erweiterung und Arrondierung müssen im Einvernehmen mit den betroffenen Forstbetrieben erfolgen. Trotz des anstehenden Eigentumswechsels sollen bei Bedarf beschränkte altrechtliche Nutzungsrechte weiter bestehen bleiben können, wo das unter Berücksichtigung des Nationalparkzwecks möglich ist. Betroffene Forstbetriebe, mit denen über Ankauf/Tausch von potenziellen Erweiterungsflächen verhandelt wird, dürfen nicht politisch unter Druck gesetzt werden.
An die Forstleute muss gedacht werden
Forstpersonal aus den angegliederten Flächen muss die Gelegenheit dazu erhalten, sozial abgesichert zur Nationalparkverwaltung zu wechseln. Das schließt die einseitige Freiwilligkeit bei Personalwechseln und die Besitzstandswahrung mit ein.
Chancen und Risiken der Erweiterung
Die Zweiteilung war ein Startnachteil, der mit der Zusammenlegung korrigiert werden kann. Für die politisch festgesetzte zehnprozentige Einbeziehung von Staatswald in Prozessschutzflächen leistet die Vergrößerung einen sinnvollen Beitrag. Ein zentraler Schutzzweck, nämlich Prozessschutz auf unbeeinflussten Kernflächen, wird erst durch die Erweiterung dauerhaft gewährleistet. Das Konzept eines Nationalparks funktioniert nicht stückchenweise.
Zusammenlegung fördert biologische Vernetzung
Das Mittelstück ist zudem wildbiologisch sehr wichtig: zwei getrennte Flächen mit den damit verbundenen Randeffekten sind auch unter diesem Gesichtspunkt ineffizient und schwächen das gesamte Konzept. Die Zusammenlegung mit arrondierter Außengrenze reduziert den Einfluss von Borkenkäfern auf benachbarte Forstbetriebe. Das Monitoring im außenliegenden Pufferstreifen wird erleichtert.
Bildungsarbeit und Artenschutz profitieren
Große und zusammenhängende Prozessschutzflächen, wie sie zum Beispiel im Nationalpark Schwarzwald umgesetzt werden, haben einen großen Effekt für den Natur- und Artenschutz und auch für die Bildungsarbeit. Die Erweiterung kommt sowohl dem Natur- und Artenschutz als auch der Bildungsarbeit in der Region zugute. Das Interesse der Bevölkerung am Nationalpark steigt ständig. Viele Wald-Themen können mit Hilfe eines personell und finanziell gut ausgestatteten Nationalparks vermittelt werden.
Die Größe allein ist nicht immer ausschlaggebend
Es muss jedoch nicht immer groß sein, auch kleinere Prozessschutzflächen wie Bannwälder und Waldrefugien sind integraler und wichtiger Bestandteil einer multifunktionalen, naturnahen Waldwirtschaft, die den wichtigen und klimafreundlichen „Rohstoff Holz“ zur Verfügung stellt. Prozessschutz und Holznutzung schließen sich zwar auf der gleichen Fläche aus, in einem großen Verbund hingegen ergänzen sie sich sinnvoll.
Viel produktiver Wald geht verloren – Klimaschutzeffekt steht in Frage
Eine Erweiterung des Nationalparks hat auch eine Kehrseite. Durch die Erweiterung sollen mindestens 3.000 ha zusätzlicher Waldfläche aus der forstlichen Nutzung genommen werden.
Dabei handelt es sich nicht etwa um ökologisch ungewöhnlich hochwertige Flächen, sondern um seit Generationen nachhaltig bewirtschaftete Fichtenmischwälder, die zu den produktivsten Standorten in Baden-Württemberg gehören. Ihre planmäßige und nachhaltige Nutzung leistet auf sehr lange Sicht einen deutlich höheren Beitrag zur CO2-Fixierung als die pauschale Überführung in eine Prozessschutzfläche.
Die Position des LWV zum Herunterladen
Das Positionspapier zum Herunterladen im PDF-Format
Weiterführende Informationen
Lesen Sie mehr über das Ergebnis der Befragung zur Nationalparkerweiterung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.
Das Umweltministerium stellte zuvor fest, dass eine neue Form der Bürgerbeteiligung die Basis für ein Zusammenwachsen der beiden Teile des Nationalparks bildet.